Ein
Monat später zieht unter klingendem Spiel ein langer Zug bunter
Zivilisten in die Flakkaserne Grohn-Vegesack ein. Wir, die wir als
Einheimische schon mittags eingetroffen sind, sehen diesem Schauspiel
beeindruckt zu. Bereits beim ersten Betreten der Kaserne, die Koffer
noch in der Hand und der weiteren Einweisung harrend, wird der eine
oder andere mit der rauen, ausdrucksvollen militärischen Sprache
vertraut gemacht. Schnell sind alle Rekruten auf die Batterien verteilt
und ist jedem eine Stube, Bett und Spind zugewiesen. Die nächsten
Tage vergehen mit Einkleiden, Bettenbau und Spindordnung, aber dann
beginnt die Rekrutenausbildung, zunächst formaler Infanteriedienst,
der Kasernenhof wird sehr bald jedem Rekruten zum gefürchteten
Übungsplatz, doch am Ende dieser heißen Wochen gibt es
schon den 1. Urlaub, Weihnachten 1938.
Flakkaserne
Grohn |
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Stabsgebäude
I./26 - 2. und 4. Batterie |
Wirtschaftsgebäude |
Kantine |
Das
neue Jahr beginnt mit der Neueinteilung der Batterie und nachfolgender
mehrmonatiger Sonderausbildung. Zunächst werden kleinere Ausfahrten
gemacht, daneben vermittelt uns ein 2tägiges Erdzielschießen
in ….¹ am 29./31.1.39 eine Vorstellung vom scharfen Schießen.
Am
Tage der Luftwaffe, dem 1.3.39, startet die Batterie zu einer Werbefahrt
nach Wesermünde und macht am dortigen Kolumbuskai öffentliche
Vorführungen. Mit dem gleichen Zweck wartet die gesamte Kasernenbelegschaft
nach einem mannigfaltigen Programm am Tage der Wehrmacht auf. Die
zweite Ausbildung findet im März mit der üblichen Rekrutenbesichtigung
ihren Abschluss. Danach werden den Ausfahrten ins Gelände erhöhte
Bedeutung beigelegt, sie werden in ihrer Dauer ausgedehnt und oft
mit Übungsmärschen bei Tag und Nacht verbunden.
Zum
20. April treten wir mit einer imposanten Parade voller Stolz vor
die bremische Bevölkerung, ein großer Tag, wenn auch
die Vorbereitungen manchen Schweißtropfen erforderten. Ein
geringfügiger Vorfall bringt unsere Gerätbedienung Mitte
Mai in scharfen Gegensatz zu der strengen militärischen Ordnung,
er findet mit 3 Wochen Ausgehverbot seine Sühne. Doch die nachfolgende
Schießübung, die uns zu Pfingsten nach Stolpemünde
führt, lässt uns diese bittere Zeit bald vergessen.
Verladen zur Abfahrt nach Stolpemünde,
Vegesack 15.5.39
Bei
zahlreichen Nachtübungen lernen wir auch das stimmungsvolle
Bild der mondbeschienen, leise rauschenden Ostseewellen kennen.
An den Festtagen wird der Ort Stolp etwas landeinwärts gelegen,
einem näheren privaten Besuch unterzogen.
Stolpemünde Juni 1939
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Nachtschiessen in Stolpemünde Juni 1939 |
Vergrösserung
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Mit
der Hinzuziehung als Messbasis bei einem Probeflug eines neuen Heinkelflugzeuges
finden die abwechslungsreichen Tage an der Ostsee ihr Ende. In der
Kaserne wird die Schulung im Geländedienst mit Eifer fortgesetzt.
E-Meßstand
Grohn Juli 1939 - Vergrösserung
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Eine
Luftflottenübung Anfang Juli in Oldenburg gibt ein Bild vom
Stand der Gesamtausbildung und schließlich sollen die Herbstübungen
des Regiments, am 2.8. beginnend, die letzten Lücken schließen.
Luftflottenmanöver
Metjendorf / Oldenburg 31.7-3.8.1939 |
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Zu
Füßen des reizvollen Harzes beziehen wir Bürgerquartier,
die überaus herzliche Gastfreundschaft der Bevölkerung
spendet uns allen reichlich Erholung nach anstrengenden Tagesdienst.
Mit einem frohen Manöverball nehmen wir Abschied von unserem
Gastort und steuern am folgenden Morgen dem schönen Wesertal
zu. Hiermal ist das Kloster Höxter unser Quartier, doch schon
nach 2 Tagen erreicht uns der Befehl zum Rückmarsch. Grosse
Ereignisse werfen ihre Schatten voraus.
So wird das vor langem eingeteilte Reservepersonal üner Nacht
in Marsch gesetzt und in den nächsten Tagen treffen bereits
die ersten Reservisten ein. Derartige Vorgänge lassen natürlich
niemanden über die politische Lage im Zweifel. Emsiges Treiben
herrscht in diesen Tagen in den sonst so geordneten Kasernen.
Nach wenigen Tagen ist die Neuaufstellung und Kriegsausrüstung
der Batterie vollendet; so verlassen wir am Abend des 26. August
unter dem Jubel der Bevölkerung unsere lieb gewonnenen Kasernen
und verladen kurz nach Mitternacht auf dem Bremer Güterbahnhof.
Die
rollenden Räder bringen uns einer neuen Aufgabe in ungewisser
Zukunft entgegen. Von Frankfurt/Main erreichen wir im Nachtmarsch,
ständig umringt von der begeisterten rheinischen Bevölkerung,
das Marschziel St. Wendel, in dessen Umgebung, unweit des Ortes
Bubach, wir in Stellung gehen. Inmitten hastiger Stellungsarbeit
erhalten wir die historische Nachricht vom Ausbruch des Krieges.
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