10.
Division |
|
Div.Gef.Stand
Psary |
|
den
16.09.1939 |
|
|
|
Tages-Befehl! |
|
|
|
|
|
Inf.Rgt.
16 im Rahmen der 10. Division eingesetzt, hat am 16.09. in stürmischen
Angriff den Übergang über die Bzura ostwärts
Sobota erzwungen und in 3 Stunden den befohlenen Brückenkopf
gebildet.
Ich spreche dem Regiment, dessen Nummer ich selbst 2 Jahre getragen
habe, meine Anerkennung aus.
Ich entlassen das Regiment aus dem Verbande der Division, danke
ihm und seinen Kommandeur für seine Leistungen und wünsche
weiter Ruhm und Sieg. |
|
|
|
|
|
|
gez.
von Cochenhausen
Generalleutnant |
_________________________________________________________________________________________________ |
|
|
|
Inf.Rgt.
16 |
|
Rgt.St.Quartier
Kreuzburg, O/S |
Abt.
Ia |
|
den
24.09.1939 |
|
|
Gustav-Freytag-Schule
I. Etage |
|
|
Adolf-Hitler-Strasse,
Tel. 461 |
|
|
|
|
Vorstehende
Abschrift ist den Angehörigen der Kompanien durch die Komp.-Chefs
bekanntzugeben. |
|
|
|
|
Verteiler:
III |
|
gez.
Kreysing |
|
|
Für
die Richtigkeit: |
|
|
Engelke |
|
|
Major
u. Rgts.-Adjutant |
_________________________________________________________________________________________________ |
Oldenburger
Infanterie am Feind
Ernst Grave, Oblt. u. Btl.-Adjutant, III./IR 16
am 10. Mai 1940 in Rotterdam schwer verwundet und am 8. Juni 1940
in Bochum verstorben:
Unser
erstes Quartier in Polen war einmal eine schlossartige Villa, in
dem sich ein polnisches AOK sehr wohl gefühlt hatte, bis deutsche
Stukas es entdeckt und mit 250-kg-Bomben zerschlagen hatten. Diese
Bombentrichter und die im Park stehenden, zerfetzten und ausgebrannten
Automobile gaben uns den ersten Eindruck vom Kriege.
Drei Tage später standen wir nach anstrengenden Märschen
ohne Rast und Ruh' in vorderster Linie vor der Bzura, um beim Zusammenschnüren
der im Weichselbogen eingeschlossenen polnischen Armee durch Angriff
über den von den Polen verteidigten Fluss mitzuwirken.
In der Nacht hatten wir uns unbemerkt bis dicht an den Fluss heran
geschoben und dort eingegraben, um das mit Tagesanbruch einsetzende
Feuer unserer Artillerie abzuwarten. Als das Artilleriefeuer auf
das jenseitige Flussufer vorverlegt ist, geht es im Marsch-Marsch
vorwärts an die Übersetzstelle, wo die Pioniere schon
die Floßsäcke ins Wasser lassen und der erste Spähtrupp
übersetzt. Ehe der Pole sich von der Überraschung erholt
hat, haben die Angriffsspitzen ihn in das in Brand geschossene Dorf
am jenseitigen Flussufer zurückgeworfen. In schneller Folge
setzt jetzt Gruppe auf Gruppe über, verschwindet in Nebel und
Rauch und stößt durch das brennende Dorf hindurch. Nach
drei Stunden ist der befohlene Brückenkopf gebildet, von der
stürmenden Oldenburger Infanterie das letzte, starke, natürliche
Hindernis überwunden, das vor der endgültigen Vernichtung
der polnischen Armee im Weichselbogen lag.
In Eilmärschen verfolgen wir den nun nicht mehr energisch kämpfenden
Feind. Auf dem Rückzug von den Polen gesprengte Brücken
wurden schnell auf Behelfsbrücken umgangen. Immer sichtbarer
werden die Anzeichen dafür, dass die polnische Armee nunmehr
völlig geschlagen ist. Der Weg führt uns vorbei an unermesslichem
Kriegsmaterial, das auf und neben der Rückzugsstraße
von den Polen liegen gelassen wurde. Die Zeichen der Vernichtung
mehren sich von Kilometer zu Kilometer: zerschossene Kolonnen, vernichtete
Panzer und Kanonen. (Fotos siehe Heft 34, Seite 41). Polnische Zivilbevölkerung
wird zur Bestattung der Toten eingesetzt. Und bald stoßen
wir auf die ersten Gefangenen, die zu Tausenden ohne Waffen in langen
Kolonnen aus den Wäldern heraustreten und sofort zu den rückwärtigen
Sammellagern weitergeleitet werden.
Noch einmal sollen wir zum Kampf kommen. Nach kaum drei Stunden
Schlaf im Zelt geht es erneut in der Nacht vorwärts in die
äußerste Ecke des Winkels zwischen Weichsel und Bzura,
wo die letzten Reste einiger polnischer Divisionen sich verzweifelt
schlagen. Es gilt ein großes Waldgelände zu säubern,
in dem noch viele Polen stecken sollen. Im Morgengrauen stoßen
wir in den Wald hinein, in dem jeder Weg mit zerschossenen Batterien
und Kolonnen angefüllt ist. Doch die Polen lassen es nicht
mehr auf einen Bajonettkampf ankommen. Nach wenigen Schüssen
strecken sie die Waffen. Etwa 3.000 Gefangene mit ihren Offizieren
kann hier eins unserer Bataillone machen.
Die Schlacht ist beendet. Ein neuer Befehl ruft uns zurück.
Am nächsten Morgen geht es auf einer anderen Straße der
Vernichtung 52 Kilometer nach Süden in eine zerschossene Stadt,
in der wir zwei Tage Ruhe haben sollen. Die Freude über das
Geleistete, aber auch die Anstrengungen der letzten Tage sieht man
auf allen Gesichtern.
Major
Engelke, Stab IR16
"Infanterie-Regiment 16 erzwingt den Bzura-Übergang am
16. September ostwärts Sobota":
Glowno,
den 16. September 1939
Über
der kleinen Stadt, in der noch rauchende Trümmer die Spuren
der Vortagskämpfe verraten, wölbt sich in leuchtendem
Blau der herbstliche Himmel. Das Regiment ist zum Angriff bereitgestellt.
Hinter seinen Postierungen und Sicherungen am Nord- und Ostrand
des Talkessels, zwischen noch von Fragen und Zweifeln erfüllten
Bewohnern, hat sich ein der unbestrittenen deutschen Luftüberlegenheit
entsprechend friedliches Bild entwickelt.
Flüchtlinge
zu Fuß und auf Wagen bevölkern die große Straße
von Lowicz nach Lodz. In der Angst um den gefährdeten Besitz
oder in der Sorge, in Kampfereignisse hineingezogen zu werden, haben
sie kaum Augen für die Soldaten, die ihre Waffen und Geräte
reinigen, waschen, essen, schlafen oder der im Ort befindlichen
Feldpost zueilen, um ihrer Lieben in der Heimat mit vielleicht letzten
Grüßen zu gedenken.
Kurz nach 12.00 Uhr trifft der Befehl ein: "Verst. IR16, der
10. Division unterstellt, erreicht über Wola Zbrozkowa-Wladislawow
den Raum um Chruslin und Traby und erzwingt nördlich davon
den Übergang über die Bzura. Regimentskommandeur zum Divisionsgefechtsstand
voraus!
Nicht lange und der graue Heerwurm des Regiments wälzt sich
mit seinen Karren, Infanteriegeschützen nach Norden zu, um
die jungen Soldaten der Feuertaufe, der ersten Stunde der Bewährung
entgegenzuführen. Drückende Schwüle macht den Marsch
bei den grundlosen Wegen besonders mühselig. Aber der näher
kommende Gefechtslärm, die Himmelanstrebenden Rauchfahnen brennender
Dörfer am Horizont, die die nahe Front erkennen lassen, beleben
den Marschtritt. Mit einbrechender Dämmerung erreichen die
Anfänge der Bataillone Chruslin und Traby. Der vorausgeeilte
Rgts.-Kdr., Oberst Kreysing, steht bereits auf dem Regimentsgefechtsstand
des Nachbarregiments. Von den Strohdiemen am Nordrand des Dorfes
gleitet der Blick nach Norden über das Angriffsgelände
des morgigen Tages. In weiterer Entfernung nach Osten hin sieht
man über Lowicz gewaltige Rauchwolken aufsteigen.
6.30 Uhr! Planmäßig wird die Bzura überschritten
und schneller als gedacht stehen wir an der Kirche von do Chruslina.
Die ersten Verwundeten und Gefangenen kommen zurück. Pioniere
rollen durch den moorigen Wiesengrund nach vorn, um schnell die
Brücke wiederherzustellen, damit unsere Infanteriegeschütze
möglichst schnell den Schützen folgen können. Unsere
Pioniere schaffen es, trotz feindlichen Feuers. Nicht lange, und
die schweren Waffen können Uferwechsel machen.
Der Regimentskommandeur, den es zu keiner Stunde auf dem Gefechtsstand
hielt, kommt zurück. Gute Nachrichten, das Angriffsziel muss
in Bälde erreicht sein. Der Brückenkopf ist da! Schon
schiebt sich auch das III. Btl. über die Bzura, um im Schutz
unserer Front Sobota und seine Brücke von der Flanke her anzugreifen.
Um die prächtigen Jahrhunderte alten Linden, die die schlichte
und stilvolle Barockkirche beschatten, gruppiert sich ein bewegtes
Bild. Fernsprecher und Funker, Melder, Sanitätssoldaten und
Gefangene, die von unseren Dolmetschern verhört werden. Die
Sanitätskraftwagen fahren schon bis zur Brücke. Teile
der Sanitätskompanie werden zur Suche auf dem Nordufer eingesetzt
und kommen, gottlob, mit Tragen zurück, auf denen nur polnische
Verwundete liegen."
Ein Mann des Regiments-Spähtrupps, der den Auftrag hatte, über
die eigene Linie hinweg die Straße Kutno-Lowicz zu erreichen,
kommt zurück. "Versuch durchzukommen gescheitert. Uffz.
Böls und ein Mann verwundet. Der Pole liegt noch in breiter
Front gegenüber. Keine Deckung gegen Sicht." Wenig später
sind auch schon die Verwundeten da und werden schnellstens ärztlich
versorgt. Da kommen zu unerwartet früher Stunde die Meldungen
vordere Linie: "Das Angriffsziel ist erreicht. Fühlung
zwischen II. und III. Btl. bei Kirche Bogurja-Bolny hergestellt.
Im weiteren Vorgehen gegen Barkow-Bolny".
Stolz darf der Regimentskommandeur dem Divisionskommandeur, dessen
Regimentern das IR16 den Übergang über die Bzura geöffnet
hat, melden: "Angriffsziel ist erreicht! Feind vor dem Regiment
ausgewichen!"
Zwei Stunden früher als erwartet .... Divisionsbefehl: "Regiment
hält in erreichter Linie. I......wird gegen 17.00 Uhr über
I./16 gegen die Straße Lowicz-Kutno vorgehen. Schon vorher
war der Befehl ergangen, die Gefallenen des Regiments zu bergen,
um ihnen mit dem Blick auf das Angriffsgelände, in dem das
IR16 verstärkt durch Artilleristen und Pioniere sich in der
Feuertaufe bewährt hatte, eine würdige Ruhestätte
zu bereiten.
Die Nacht bricht herein. Die Bataillone biwakieren in und um die
brennenden Dörfer auf dem Gefechtsfeld. In der Kirche, in deren
Kerzenschimmer der Regimentsgefechtsstand arbeitet, tragen liebevolle
Kameradenhände die teuren Toten des Regiments zur Sakristei
und bahren sie dort und vor dem Hochaltar auf.
Wir konnten sie nicht selbst begraben. Um 5.00 Uhr hieß es
"Antreten". Unsere braven Landwehrleute aus der engeren
Heimat, aus der Nachschubkompanie, die den Weltkrieg erlebt haben,
werden unsere Toten betten und ihnen die letzten soldatischen Ehren
erweisen. Wir wissen sie bei ihnen, den Vätern der Söhne,
die den Angriff getragen haben, in bester Hut.
Die sieben Gefallenen des IR16 vom 16. Sept. 1939 wurden am 17.
Sept. bei do Chruslina beigesetzt. Die Grabrede hielt Oberlt. Bergstrand
, Offizier einer Divisionstruppe , der ein Kriegsfreiwilliger 1914
und im Weltkrieg selbst schwer verwundet gewesen ist. - Aus der
Grabrede entnehmen wir folgende Sätze:
Kameraden! Das Regiment hat uns die Aufgabe übertragen, die
jungen Kameraden, die gestern beim Angriff gefallen sind, zu bestatten.
Es ist Soldatenschicksal, dass die, die mit ihnen in Reih1 und Glied
standen, ihnen diesen Dienst nicht erweisen können. Sie müssen
vorwärts. Es darf sie mit stolzer Freude erfüllen, dass
sie bei ihrem ersten Einsatz nicht nur das befohlene Ziel erreicht
haben, sondern weit darüber hinaus vorgestoßen sind.
Aber sie werden auch voll Demut derer gedenken, die eine tödliche
Kugel von ihrer Seite gerissen hat, und durch ihre Seele wird das
Lied vom Guten Kameraden erklingen, das sie nun aus eigenem Erleben
erst ganz verstehen. Weil die Pflicht, die den Kämpfer ruft,
unerbittlich ist, haben wir alten Soldaten den schweren Auftrag
doch gern übernommen, den Gefallenen ein soldatisch würdiges
Begräbnis zu bereiten. Auch wir hätten keinen besseren
Platz für ihre Gräber aussuchen können al s diese
Ste1le an der Straße nach Lowicz-Warschau. Von hier aus sind
sie zum Angriff vorgegangen über die vor uns liegende Niederung
und die durch die Wiesen sich schlängelnde Bzura. Von hier
aus kann man das Kampffeld, auf dem sie gefallen sind, übersehen.
An manchen Soldatengräbern sind wir vorübergegangen in
den letzten Tagen, aber diese Gräber gehen uns doch besonders
nahe. Denn es sind unsere Toten, die ersten Gefallenen des Regiments,
zu dem auch wir gehören. Wir kennen ihre Namen nicht, wir wissen
noch nicht, wie sie heißen. Wir dürfen aber annehmen,
dass es Landsleute von uns sind. War es uns bei dem einen oder anderen
nicht, als hätten wir ihn schon einmal gesehen? Und wenn wir
ihre Namen erfahren, werden sich vielleicht Fäden hinüberspinnen
zu diesem oder jenem oder zu ihren Familien, die durch den Tod in
Trauer versetzt werden- Wir alten Soldaten, die wir so oft dem Tod
ins Auge geschaut haben wissen, dass der Tod vor dem Feind nicht
das schwerste ist, sondern dass viel schwerer die Angehörigen
zu tragen haben, denen die Todesnachricht ins Haus gebracht wird.
... Gott dem Herrn befehlen wir die gefallenen Kameraden und ihre
Angehörigen. Er segne unser Volk und Vaterland.
Verfasser
unbekannt:
Die Zeit zwischen den Ereignissen in der Tschechoslowakei
und dem Angriff auf Polen wurde gut ausgenutzt. Wir bildeten weiter
aus und waren bestrebt, die Truppe auf ihrem hohen Stand zu erhalten.
Auch die anderen Regimenter und Abteilungen unserer 22. Division
wurden luftlandemässig ausgebildet (IR 65 und IR 47). Dass
wir unsere Soldaten daneben laufend auf Urlaub schickten, um ihnen
Gelegenheit zu geben, sich zu erholen, versteht sich von selbst.
Im August 1939 wurden wir, während die Masse der Division an
den Westwall gelegt wurde, wieder in den schlesischen Raum geführt
und standen bereit, als die Pression auf Polen begann. Die Aktion
gegen das Memelgebiet lag hinter uns, und der Erfolg stimmte uns
wohlgemut. Wer kann uns Soldaten verübeln, dass wir das politische
Spiel nicht durchschauten, als nunmehr am 1. September 1939 der
Krieg ausbrach?
Nun hörten wir an den polnischen Sendern die
verzweifelten Gebete und Gottesdienste in den großen Warschauer
Kirchen und waren aufs tiefste beeindruckt. In langen politischen
Diskussionen verwünschten wir die Staatsmänner, die die
Errichtung des polnischen Korridors erzwungen und dadurch Ostpreußen
vom Reich getrennt hatten. Wir entsannen uns auch des Ausspruches
eines amerikanischen Diplomaten, der schon während der Verhandlungen
in Versailles in diesem Zusammenhang auf die Unvermeidlichkeit eines
Konfliktes hingewiesen hatte.
Die gute, aber nicht ganz modern ausgerüstete polnische Armee
wurde zerstampft und schien in wenigen Tagen der Vernichtung entgegenzugehen,
als sich die Russen von Osten her in Marsch setzten, um den Resten
des polnischen Heeres den Todesstoß zu versetzen. Mit Schrecken
vernahmen wir die Gräueltaten der Russen gegen das polnische
Offizierkorps.
Der Kriegsablauf schien keine Gelegenheit für
einen Luftlandeeinsatz zu bieten, und so glaubte das Regiment schon,
an dem polnischen Kriege nicht mehr beteiligt zu werden. Da erhielten
wir plötzlich den Befehl, in den Morgenstunden des 12. Septembers
abzufliegen. Der Befehl lautete: Versammlung der Transportmaschinen
300 Meter über der Wolkendecke, 3 Kilometer ostwärts vom
Flughafen entfernt. Der Start hatte ziemlich lange gedauert, da
ich jedes Flugzeug unserer Transportgruppe einzeln persönlich
abließ. Nun ging es in Richtung Posen, dann, nach Südosten
umwendend, auf Lodz zu. An der Front war eine Krise eingetreten,
wir sollten eine entstandene Lücke ausfüllen und ein Vordringen
der Polen gegen Lodz und etwaige Unruhen unter der Bevölkerung
verhindern.
Für den Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Süd, Generaloberst
v. Rundstedt, mit seinem Chef des Generalstabes, Generalleutnant
v. Manstein, stellte sich am 12. September in Lodz die Lage wie
folgt dar:
Der Oberbefehlshaber der 8. Armeegeneral der Infanterie Blaskowitz,
wies in seinem Lagevortrag besonders auf den Mangel an Reserven
hin, die zur Abwehr eines drohenden Durchbruchs für dringend
erforderlich gehalten wurden.
Der Oberbefehlshaber der Heeresgruppe ordnete daher
umgehend an, ein motorisiertes Schützenregiment der 10. Armee
zur Verfügung des Armeeoberkommandos 8 nach Lodz in Marsch
zu setzen. Außerdem wurde die Zuführung des als Luftlandetruppe
gegliederten Infanterieregiments 16, das zu dieser Zeit der 7. Fliegerdivision
unterstellt war, auf dem Luftwege zum Flugplatz Lodz befohlen.
Im Armeebefehl für den 13. September war die Absicht der Armeeführung
wie folgt formuliert:
"8. Armee schließt am 13.09. den Ring um die südl.
der Weichsel eingekesselten Feindkräfte. Es kommt darauf an,
die erreichten Stellungen gegen die zu erwartenden Durchbruchsversuche
zu halten, um den sich anbahnenden Erfolg sicherzustellen."
Die Zugführung des Infanterieregiments 16 und des Kavallerie-Schützenregiments
9 durch die Heeresgruppe Süd zur 8. Armee zeigt die geistige
Beweglichkeit der deutschen operativen Führung. Andererseits
wird hierdurch aber auch deutlich, dass die Heeresgruppe Süd
sich angesichts der kritischen Lage gezwungen gesehen hatte, die
letzten beweglichen Reserven schleunigst dem Armeeoberkommando 8
zur Verfügung zu stellen.
Wir landeten auf einem abgeernteten, schon von deutschen Truppen
erkämpften Feld ohne Feindeinwirkung innerhalb unserer eigenen
Linien, und nach kurzer Bereitstellung wurden wir zwischen einer
bayrischen und einer sächsischen Division eingesetzt, um den
Übergang über den kleinen Fluss Bzura zu erzwingen.
Lt. Arnold Schöneboom, Zugführer 12./IR 16 - gefallen
in Rotterdam am 17. Mai 1940:
Bzura,
die Feuertaufe unseres Heimat-Regiments
4.00 Uhr ... Eine tiefe, dunkelschwarze Nebelwand verhüllt
die Bzura. Aus Richtung eines niedergebrannten, noch schwelenden
Bauerngehöftes, sich kaum abhebend von einigen geisterhaften
Erlen, schleichen leise, scharf horchend und spähend, die Männer
heran. Marschrichtung heißt "Bzura", ein Fluss,,
dessen Ufer schon im großen Krieg von deutschem Soldatenblut
gefärbt wurden. Keiner verzieht eine Miene. Alle sind sich
ihrer Sache und ihrer Pflicht bewusst. Alle wissen: Jeder geringe
Lärm kann Verrat und Verderben bringen über viele, viele
Kameraden. Jenseits des Flusses lauert der Pole, bereit, jedes Überschreiten
der Bzura, seiner natürlichen, ungeheuer wichtigen Widerstandslinie,
bis auf das Messer zu verteidigen. Noch ist alles dunkel, noch hat
der Gegner nichts erkannt. Noch einige Minuten, und wir liegen in
der befohlenen Ausgangsstellung.
Langsam kommt das Morgenlicht, schon kann man seinen Nebenmann sehen.
Wie sie alle erwartungsvoll daliegen! Mancher ist ungeduldig. Diese
verfluchte Ruhe vor dem Sturm! Jeder will vorwärts, will mit
heißem Herzen ran an den Feind, will kämpfen, will stürmen.
Man sieht es an den Mienen.
5.45 Uhr ... Deutlich erkennt man am jenseitigen Bzuraufer Bewegungen.
Ab und zu schwankt eine Baumkrone. Beobachter oder Baumschütze?
Ich sehe nach meiner Uhr. Ja, wir dürfen schießen, die
Zeit ist da. Eine kurze Zielansprache. Noch nie wurde sie so schnell
aufgenommen, noch nie wurde so scharf beobachtet, noch nie so kurz,
aber genau gerichtet. Und jetzt ist .der Augenblick da. Wütend
speien unsere Maschinengewehre hinüber in die verdächtige
Baumgruppe. Wie sie ruhig, aber haarscharf richten, die Richtschützen!
Meldung von rechts: Ziele niedergekämpft.
In diesem Augenblick faucht es verdächtig in der Luft. Gerade
noch kann ich Deckung befehlen. Eine Detonation vor uns. Wie sie
alle daliegen. ... das Gesicht im Grase vergraben! Gewehrkugeln
pfeifen über unsere Helme hinweg. Ob der Pole uns doch erkannt
hat? Neben mir lugt Jan, ein baumlanger Ostfriese, über die
Deckung. Ganz seelenruhig entfahren ihm die Worte: "Du, Fritz,
dor kann man doch sehn, de Düwels hebben gien Doornkaat, anners
sulln se woll bäter scheeten!" "Ne", ruft Fritz
ihm zu, "de sind besapen, de hebben to völ Wotka drunken,
kiek mal, se scheeten nu up de lütje Boomen dor!"
In der Tat, die Einschläge der fünfzehn-Zentimeter-polnischen-Artillerie
liegen um eine kleine Erlengruppe herum, aus der Ferne anzusehen
wie ein Menschenschwarm.
Und nun scheint es, als ob der Pole uns doch erkannt hat. Gut hundert
Meter vor uns spritzt wieder die Erde hoch. Noch immer tastet der
Pole mit seiner 15-Zentimeter-Arti1lerie das Gelände ab. Aber
nun, etwa siebzig Meter vor uns mehrere Einschläge! Was ist
das für ein Stöhnen vor uns? Da springen auch schon Kameraden
vor zu dem Verwundeten. Es ist ein Melder. Auf seinem Meldewege
hat es ihn überrascht. Ein Granatsplitter ist ihm in den Kopf
gedrungen. Im Nu ist er in den rettenden Händen unserer Sanitäter,
und bald liegt er sicher im Krankenwagen.
In dem Augenblick ein gewaltiges Donnern hinter uns, ein Fauchen
und Heulen über unseren Köpfen. Wie gerufen eröffnet
unsere Artillerie aus allen Rohren einen gigantischen Feuerzauber.
Ein erlösendes Gefühl für uns! Drüben bildet
sich eine Wand von Rauch und aufspritzenden Erdmassen. Urzecze,
ein Dorf etwa 300 Meter jenseits der Bzura, brennt lichterloh. Es
ist der Augenblick, auf den unsere Pioniere gewartet haben. Unter
Schutz der Artillerie und der schweren Infanterie-Waffen beginnen
sie mit ihren Schlauchbooten überzusetzen. Meldung vom rechten
Gewehrführer: "Von rechts vorspringende feindliche Schützen."
Der Entfernungsmesser ruft: "850"! Schon hämmern
unsere MG. Drüben suchen sie Deckung, soweit sie noch können.
5.30 Uhr ... Der Übergang ist in vollem Gange. Auch wir folgen
unseren Kompanien. Wunderbar klappt das Übersetzen. Soeben
haben wir das brennende Dorf hinter uns, im Laufschritt einen Weg
durch die Flammen gefunden. Noch sind Waffen und Munitionskästen
warm von der Feuerglut. Etwa 150 Meter links vorn steht ein Birkenwald.
Gewehrfeuer von vorne waren wir schon gewohnt. Plötzlich sausen
aber von diesem Birkengehege Gewehrkugeln an uns vorüber, schlagen
teils klatschend neben mir in die Erde, teils fegen sie vorüber.
Allgemeines Rätselraten. ... Ruckartig habe ich mein Fernglas
vor den Augen, da feuert hinter mir auch schon ein MG. Wie ich mich
umdrehe, sehe ich, dass einer meiner Gewehrführer das MG dem
Richtschützen entrissen hat, vorgesprungen ist, und nun eine
Garbe in die Baumkronen des Birkengeheges hinauf sendet. Und doch
fordert dieser Überfall wiederum ein Opfer.
Nun feuert der Pole mit allen zur Verfügung stehenden Waffen
auf unser angreifendes Regiment. Er schießt mit seinen Panzerabwehrkanonen,
er schießt direkt mit Infanteriegeschützen.
Der Angriff ist in vollem Fluss: Es gibt kein Halten mehr
für die Polen. Fast ohne Gegenwehr fällt auch das Dorf
Begurja-Dolna in unsere Hände. Kurz davor schlängelt sich
der polnische Schützengraben. Dort liegen die besten Kämpfer
unter den Polen, die meisten mit Kopfschüssen. Unser Angriffsziel
ist erreicht.
Bei uns steht ein gefangener Pole, der fließend deutsch spricht.
Er scheint überaus glücklich, er weiß gar nicht,
wie er uns am schnellsten beibringen soll, dass er nur mit Gewalt
polnischer Soldat geworden ist. Gewiss, Feuerbefehle hätte
er genug bekommen, aber er hätte bewusst in die Luft geschossen,
als wir stürmten. Nun wird es uns auch klar, weswegen der polnische
Soldat noch so hartnäckig kämpft, obgleich er äußerst
bedrohlich von uns eingeschlossen ist. Hohe polnische Offiziere
hätten ihnen erklärt, dass die polnische Armee nur zurückweiche,
um die Deutschen, die hart von Engländern und Franzosen verfolgt
würden, an der Weichsel in eine Falle zu locken.
Wir aber haben den schlecht geführten polnischen Soldaten gerade
in diesem Augenblick tief bedauert, der nun trotz ungeheurer Strapazen
und bewunderungswürdigem Kampfesmut die Waffen strecken musste
und noch dazu die niederschmetternde Nachricht verabreicht bekam,
dass die ganze polnische Armee umzingelt, verloren ist, dass trotz
des gewaltigen Vordringens der deutschen Armeen
in Polen die Wacht am Westwall steht.
|