Das
Münchener Abkommen vom 29.09.1938 bringt in der Frage hinsichtlich
des Sudetenlandes eine friedliche Lösung. Das IR 16 verlegt
über Cottbus nach Niederschlesien in den Raum Sagan-Sorau und
bekommt den Befehl an der Luftlandung und Besetzung des Abschnitt
IV im Sudetenland teilzunehmen, welche auf den eigentlichen Einsatzplänen
basiert. Die jetzt friedliche Besetzung wird im Rahmen einer Luftlandeübung
gegen eine tschechische Bunkerlinie nach Vorbild der Maginotlinie
durchgeführt. Das III. Bataillon startet am 7.10.1938 und landet
in Freudenthal dem heutigen tschechischen Bruntál. Der Regimentsstab
wird wenig später per Lufttransport nachgezogen, die Reste
des Regiments folgen am 10.10.1938 in Transportflugzeugen. Sie werden
alle in der Gegend von Freudenthal in Bürgerquartieren untergebracht.
Die
Rückverlegung nach Oldenburg erfolgt gestaffelt, am 16.10.1938
das II. Bataillon, am 17.10.1938 der Rest des Regiments. Das IR
16 ist am 18.10.1938 wieder vollständig in Oldenburg.
1. Kompanie mit Hauptmann Courth und Leutnant Reck marschiert
in Cottbus zum Bahnhof
Oberst
Hans Kreysing und Regimentsadjutant Hauptmann Ulrich Engelke 1938
vor dem Sudeten-Einsatz
Regimentsstab IR 16 begibt sich auf dem Luftwege nach Freudenthal
Nach der Luftlandung auf dem Landeplatz des III./IR 16 in Breitenau/
Freudenthal
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General
von Choltitz in seinem Buch "Soldat unter Soldaten" über
den Sudeteneinsatz als Kommandeur III./IR 16:
"Und
so ist es dann auch geschehen, als wir mobilisiert wurden und in Schlesien
der Aufmarsch gegen die Tschechoslowakei begann.
Als erstes Ziel, das wir luftlandemäßig nehmen sollten, war
die kleine Stadt Freudenthal im Sudetenraum vorgesehen. Wir wurden nach
Schlesien verlegt und lagen in der Gegend Sagan-Sorau.
Wieder
setzte strengster Überwachungsdienst ein. Zum ersten Mal erhielten
wir Erkundungsergebnisse über den von uns zu besetzenden Raum. Wir
arbeiteten mit Fliegeraufnahmen und sehr gutem Kartenmaterial, auf dem
die Bunker eingezeichnet waren, teilweise sogar mit solchem, wie es vom
tschechischen Generalstab verwandt wurde. Für jeden Flugzeugführer
wurden Geländeskizzen gezeichnet, auf denen die Kampfziele eingetragen
waren. Die Spannung war aufs höchste gestiegen, als schließlich
die Nachricht vom Münchner Abkommen eintraf. Ich war wie erlöst,
meine Soldaten, die mir so ans Herz gewachsen waren, mit denen ich mich
menschlich verbunden fühlte und die ich aufs gewissenhafteste ausgebildet
hatte, nicht in ein Wagnis führen zu müssen, das uns unmittelbar
hinter die feindliche Artillerielinie, nur wenige hundert Meter unter
die feindlichen Bunker gebracht hätte mit dem Ziel, diese von hinten
zu öffnen. Zu viele unbekannte Faktoren erwarteten uns bei der Erfüllung
dieses Auftrages: wie war die Beschaffenheit des Geländes,. auf dem
wir landen sollten, welche Reaktion war vom Gegner zu erwarten, der seine
Bunkerlinie durchbrochen glaubt und sich von hinten angegriffen sieht,
was macht der feindliche Artillerist, unter dessen Geschützstellung
wir niedergehen, wie verhält sich die Bevölkerung?
In der Folge haben wir dann die befohlene Luftlandung in Freudenthal unter
friedlichen Verhältnissen mit unserem Bataillon als Übung durchgeführt,
und zwar genau so, wie sie sich im Ernstfalle abgespielt hätte. Der
Gruppenkommandeur der Flieger musste auf Befehl seines Geschwaders zu
Hause bleiben. Jeder Flugzeugführer hatte eine Selbstgezeichnete
Skizze, und die Ziele wurden genau so angegriffen, wie es der Plan vorschrieb.
Die erste große Panne erlebten wir, als wir mitten auf dem Landungsplatz,
einer Wiese, einen kleinen Graben antrafen, der von einzelnen Baumgruppen
umsäumt war. Doch die Landung glückte dank unserer ausgezeichneten
Flugzeugführer. Der übungsmäßige Angriff wurde zielbewusst
und geschickt durchgeführt. Die Höhen um den Platz herum wurden
zur Sicherung sofort besetzt. Wir konnten tatsächlich das Gefühl
haben: die Landung zumindest wäre geglückt. Der schwächste
Augenblick bei der Durchführung derartiger Unternehmungen, die zwei
Stunden unmittelbar nach der Landung, in denen die Gegenaktion des Feindes
einsetzt, schien durch die vorgesehenen Sicherheitsmaßnahmen über-wunden.
Kaum war der Landungsraum erweitert, als auch schon der Angriff auf die
Artillerielinie begann und kurz darauf strebten die mit allen Mitteln
für den Bunkerkampf ausgerüsteten kleinen Angriffsgruppen auf
die Bunker zu. Gleichzeitig wäre im Ernstfall der Vormarsch und Angriff
der deutschen Hauptkräfte und Panzerverbände von Schlesien aus
erfolgt.
Die folgenden Tage wurden erneut zu Untersuchungen und Übungen verwandt.
Es wurden Vergleiche angestellt, ob das genaue Studium der Karten eine
richtige Vorstellung der Gegend, der toten Winkel und Täler vermittelt
habe. Am Schluss der Wochen, die wir mit fleißiger Arbeit sorgsamst
ausgefüllt hatten, durften wir annehmen, dass selbst bei einem tapferen
tschechischen Gegner, dem wir in unserer Planung einen hohen Ausbildungsstand
und eine hohe kriegerische Moral unterstellten, unsere Unterstützung
den aus Schlesien vorwärtsstürmenden Hauptkräften die starke
Bunkerlinie geöffnet hätte. Sie war, wie wir jetzt erfuhren,
nach dem Vorbild der Maginotlinie errichtet worden. Große unterirdische
Werke mit ausgezeichneter Wirkung an den taktisch wichtigsten Stellen
wechselten mit Bunkern. Die Sperrforts waren so eingerichtet, dass sie
selbständig weiterkämpfen konnten, auch wenn rechts und links
von ihnen Durchbrüche erfolgten. Ein schwerer Nachteil bestand darin,
dass man für diese gewaltigen Befestigungswerke, die teilweise sogar
in den Felsen gesprengt waren, zu wenig Türme und Verbindungen nach
oben gelegt hatte, denn erst diese schaffen die eigentliche Verteidigungsmöglichkeit.
Die vorhandenen Türme waren zwar so eingerichtet, dass sie sowohl
nach vorn und nach den Seiten als auch nach rückwärts wirken
konnten. Der Hauptmangel der ganzen Befestigungsanlage bestand jedoch
darin, daß sie genau wie die Maginotlinie kein tiefes Verteidigungsfeld,
sondern eben nur eine Linie war. Wir, die wir als Truppe für besondere
Verwendungszwecke geschult im Verein mit unseren Fallschirmern die Verkörperung
des vertikalen Umfassungsprinzips darstellten, hatten hier erstmalig Gelegenheit,
an Ort und Stelle die in der Einkreisung gipfelnde Umfassung genauestens
zu studieren."
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